Es ist ganz nah der jüngste Tag
1.) Es ist ganz nahe der Jüngste Tag,
Kein Christenherz das leugnen mag,
Die Zeichen all' sind offenbar,
Sie fehlen nicht, glaub mir fürwahr.
2.) Der Antichrist ist offenbart,
Die ganze Welt ist ganz verkehrt,
Sie achten Gottes Wort nicht mehr,
Und trachten stets nach falscher Lehr'.
3.) Die Rotten nehmen überhand,
Fressen und Saufen ist kein' Schand,
Die Welt trachtet nach eitler Ehr',
Als wenn kein Gott im Himmel wär'.
4.) Und wer nicht lobet ihren Tand,
Den verjagt sie bald aus dem Land,
Sie will gar ungestrafet sein
Und liegt im Kot gleichwie ein Schwein.
5.) Von Kriegen hört man groß' Geschrei,
Die Lieb' im Volk ist gar entzwei,
Der Glaube ist erloschen gar,
Bei aller Welt ist offenbar.
6.) Der Mond verlieret seinen Schein,
Verdunkelt wird die Sonne rein,
Den Leuten wird auf Erden bang,
Die teure Zeit währet sehr lang.
7.) Der Türk' wütet und tobet sehr,
Als wenn kein Gott im Himmel wär,
Der rächen werd' unschuldigs Blut, -
Doch hält uns Gott in seiner Hut.
8.) All' Zeichen so geschehen sind,
Die schlägt die Welt gar in den Wind,
Die hat ihr vormals mehr gesehn,
Achtet ihr gar nicht, lässts als hingehn.
9.) Sie baut, sie pflanzt, hat guten Mut
Und achtet nicht das ewig' Gut,
Das zeitlich' Gut acht' sie viel mehr
Als Gottes Wort und reine Lehr'.
10.) Den zeitlich' Frieden will sie han,
Sollt Gottes Wort zu Boden gahn,
Dess' achtet sie nicht um ein Haar,
Und ist es überdrüssig gar.
11.) Ein Heller (a) geb sie wahrlich nicht
Um Gottes Wort und rechten B'richt,
Der Pfaffen Sach' will ob'rig (b) sein
Und haben gute Tag' allein.
12.) Gleichwohl erhält der Herr sein Wort
Wider all' Macht der Höllen Pfort',
Denn es soll ein Gezeugnis sein,
Über die ganze Welt gemein. (c)
13.) Drum ist der Tag hart vor der Tür,
O Christ, nimms wahr, und halte dich nur
An Gottes Wort. Solchs wohl betracht'
Und lass es ja nicht aus der acht.
14.) Denn wenn die Welt ganz sicher ist
Und denkt, sie hab noch lange Frist,
So wird sie bald zu Boden gahn,
Das merke ja ein Christenmann.
15.) Und bete stets ohn' Unterlass
Und hüte sich von Geiz und Fraß',
Wer Christo glaubt aus Herzensgrund,
D e r ist an Leib und Seel' gesund.
16.) Der kann sein' Zukunft nehmen wahr
Und sich im G'wissen b'fehlen gar,
Der ewigen Freud' ist er g'wehrt,
Wenn schon die Welt durchs Feu'r wird verzehrt.
17.) So wirds an ihn' gelangen nicht,
Denn Christus ist sein' Zuversicht,
Der wird ihn' durch der Engel Schar
Bewahren frei vor aller G'fahr.
18.) Herr Jesu komm, wir bitten dich
Und nimm uns an genädiglich,
Erbarm dich unsrer all zugleich
Und hol uns in dein's Vaters Reich.
19.) Denn, o Herr Christ, dein ewigs Wort
Ist unser Trost und treuer Hort.
Mit dir wollen wir sicherlich
Uns freuen stets und ewiglich.
20.) Ehr' sei Gott Vater und dem Sohn,
Samt Heiligem Geist in ein'm Thron,
Welchs ihm auch also sei bereit,
Von nun an bis in Ewigkeit.
(a) Münze
(b) wichtiger
(c) allgemein
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Autor: Kaspar Faber
mögl. Melodie: Vom Himmel hoch, da komm ich her
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Einfeltige vnd kurtze Erinnerung
vom Sabbathsteuffel Gasparis Fabri Farinopolitani
[d.i. Kaspar Faber]
Oberursel, 1572
Thema: Offenbarung
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Kaspar Faber, auch Schmitt, genannt auch Gasparus Faber oder Farinopolitanus (* um 1515 in Mellrichstadt/Franken, † nach 1567) war ein deutscher evangelisch-lutherischer Pfarrer und Reformator. Er immatrikulierte sich im Jahr 1540 an der Universität Wittenberg und studierte zusammen mit Johann Gigas (1514-1581) unter Martin Luther (1483-1546) Theologie. Seine erste Anstellung im geistlichen Amt fand Faber in Harzgerode und wechselte 1562 nach Güntersberge im Harz, um in Deistingen/Eichsfeld seine Laufbahn als Pfarrer zu beschließen. Er dichtete geistliche Lieder, von denen 15 seiner Autobiographie angehängt wurden, die im Jahr 1567 unter dem Titel 'Einfeltige vnd kurtze Erinnerung vom Sabbathsteuffel Gasparis Fabri Farinopolitani' erschienen. Diese Lieder bestehen zum Teil aus Umdichtungen oder Varianten einiger Lieder Martin Luthers.
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