Photo: Herrnhuter Stern
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Der Heiden Heil kommt hergegangen
1.) Der Heiden Heil kommt hergegangen,
Ihr Herzen, tut euch vor ihm auf!
Er kommt in Demut, ohne Prangen: (a)
O Zion (b), merk im Glauben drauf!
2.) Im Paradies ward schon sein Name
Dem ersten Paar zu Trost gemeldet.
Er ist derselbe Weibessame, (c)
Den Gott zum Heiland vorgestellt.
3.) Was Abel dort im Glauben sahe,
Was Isaaks Opfer vorgebildt,
Und was seit Mosis Dienst geschehe,
Das ist nun kommen und erfüllt.
4.) Es kommt nun in der Zeiten Fülle,
Es steigt herab vom höchsten Thron,
Es kommt daher in heil'ger Stille
Der teu'rverheißne Gottessohn.
5.) Der Schlange Kopf mit Macht zu treten, (d)
Dazu nimmt er die Menschheit an.
Gott wird ein Mensch, dich, Mensch, zu retten,
Was sonst kein Mensch verrichten kann.
6.) Er lässt sich einen Leib bereiten,
Und fühlt daran den Fersenstich, (d)
Zwingt Höll' und Tod zu ewgen Zeiten
Und trägt sie Schau allmächtiglich. (e)
7.) O großer Held, von Gott entsprossen,
Komm, hilf uns von dem starken Feind!
Du weißt, wie er so unverdrossen
Und durstig uns zu schaden meint.
8.) Ersticke doch des Fleisches Kräfte,
Den Todesstachel brich entzwei.
Die Sünde töt' und ihr Geschäfte.
Vom Sieg der Hölle mach uns frei!
(a) die eigene Pracht entfalten, Eindruck machen
Negativbedeutung: mit etwas angeben
(b) Zion hieß ursprünglich eine Turmburg an der südöstlichen Stadtgrenze des vorisraelitischen Stadtstaats Jerusalem. Seit deren Eroberung durch König David und dem Bau des ersten Jerusalemer Tempels unter Salomo wurde der Zion im Tanach zum Synonym für den Wohnsitz Jahwes, des Gottes der Israeliten. Die ursprünglich selbständige Metapher 'Tochter Zion' wurde später auf die Königs- und Tempelstadt Jerusalem bezogen. Zion als Ort der kommenden Offenbarung des Gottes Israels, zu dem eines Tages alle Völker hinströmen würden, hat die Darstellung der Geschichte Jesu Christi im Urchristentum mitbestimmt. Der erwartete Messias war und ist für sie Jesus Christus. In diesen Sinn steht Zion auch stellvertretend für die Christenheit, die sich unter Führung Jesu Christi ihrem Heil nähert.
(c) Hinweis auf die Jungfrauengeburt
(d) Die Schlange gilt in der Bibel als Symbol des Bösen und der Sünde. Jesus Christus als der Erlöser der Menschheit von den Erbsünden wird oft als Schlangen(zer)treter bezeichnet oder dargestellt, der im Moment der Tötung der Schlange von ihr einen Biss in die Ferse erhält (siehe Strophe 6)
(d) macht sie zu einem Spott
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Autor: Johann Wilhelm Meyer
Melodie: O, dass doch bald dein Feuer brennte
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Evangelischer Liederschatz für Kirche, Schule und Haus
Band 1. Zweite, umgearbeitete Ausgabe
Gesammelt und bearbeitet von Albert Knapp,
J. G. Cottascher Verlag,
Stuttgart und Tübingen, 1850
Liednummer 315
Thema: Advent
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Johann Wilhelm Meyer; * 18. September 1690 in Schaffhausen/Kanton Schaffhausen in der Schweiz ; † 27. Dezember 1767 ebenda) war ein Schweizer evangelisch-reformierter Pfarrer und Lieddichter. Meyer besuchte die Schulen seiner Vaterstadt und studierte Theologie. Im Jahr 1720 schloss er das Studium ab und übernahm im Jahr 1721 eine Pfarrstelle in Hemmental und später bis 1737 in Siblingen. Anschließend war er Lehrer am Gymnasium in Schaffhausen, übernahm aber ab 1739 zusätzlich die Pfarrstelle von Herblingen, bevor er Abendprediger am Schaffhauser Münster wurde. Im Jahr 1749 stieg er zum Hauptpfarrer auf und gab das Lehramt auf. 1756 wurde ihm das Amt eines Pfarrers an der Kirche St. Johann in Schaffhausen übertragen; zusätzlich wurde Antistes von Schaffhausen, also Leiter der Kirche, ein Amt, das einem Bischof vergleichar ist. Er stand mit dem Gründer der Herrnhuter Brüdergemeine Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700-1760) in Gedankenaustausch. Meyer verfasste geistliche Lieder, die 1740 in Schaffhausen in einer Sammlung unter dem Titel 'Die aus ihrer Sicherheit erweckte (...) singende Seele' erschienen. Im Schaffhauser Gesangbuch von 1728 stehen 20 Lieder aus der Feder von Meyer; im Gesangbuch 'Psalmen und Geistliche Lieder', das im Jahr 1867 für den Kanton Schaffhausen veröffentlicht wurde, finden sich acht Lieder von ihm.
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