Ø 3,4 cm
Gewicht 9 g
Ist sie aus dem 16. Jahrhundert ?
Yerushalayim ha-Kedoshah Eine numismatisch-kulturhistorische Reflexion der Görlitzer Schekel
LARS-GUNTER SCHIER
„Wer je einen ächten Sekel gesehen hat, wird sich schwerlich durch ein solches Machwerk täuschen lassen, [sie sind eine] Fälschung“, so 1862 der Breslauer Rabbiner Moritz Abraham Levy in seiner jüdischen Münzgeschichte1 über die Görlitzer Schekel. Über Jahrhunderte warnten Numismatiker vor diesen eigenartigen, von Mythen und Legenden umwobenen und oft für wertvoll und echt gehaltene Münzen. Hermann Dannenberg bezeichnete sie 1879 als „abscheuliche von Ignoranten erfundene Sekel“.2 Man glaubte bis ins 19. Jahrhundert selbst in Fachkreisen, jene hebräisch beschrifteten Objekte seien billige Nachahmungen antiker Schekel – eine Täuschung potentieller Käufer oder Sammler.3 Doch weit gefehlt. Nur langsam wuchs die Erkenntnis, dass sich dahinter keine Ungereimtheiten, sondern tiefere Ursachen verbergen mussten. Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung begann erst im 20. Jahrhundert. Immerhin schrieb Max von Bahrfeldt 1910, diese Stücke seien „altbekannt“ und „freie Erfindungen, zu denen der fromme Sinn unserer Vorfahren Anlass gegeben haben mag“.4 Die erste akademische Publikation legte 1920 der englische Numismatiker George Francis Hill vor.5 Die böhmischen Münzforscher Friedrich Striebe und Viktor Katz griffen 19236 bzw. 19277 das Thema auf und 1941/42 publizierte in Amerika der deutsche Arzt Bruno Kisch seine grundlegenden und noch heute wegweisenden Studien über „Schekelmedaillen".
Die Numismatiker beurteilten die Schekel zunehmend im historischen Kontext und erkannten, dass allein religiöse Motive ihre Herausgabe bewirkt hatten. Die „Münzen“ tauchten nur in christlichen oder jüdischen Zentren oder im Umfeld ihrer großen Männer auf. Offenbar waren sie Objekte der Glaubensausübung. Die Numismatik gab ihnen deshalb den eigenständigen Begriff „Falsche Schekel“ (False shekels), „Schekelmedaillen“ (Shekel medals) oder „Weihrauchmünzen“ (Censer pieces). Im Deutschland setzte sich der Name „Görlitzer Schekel“ durch, selbst wenn es sich um Fabrikate fremder Provenienz handelte. Die Verortung nach Görlitz erfolgt dabei aber zu Recht. Die Stadt hatte einen maßgeblichen Anteil an der Verbreitung und Erhaltung dieser numismatischen und kulturhistorischen Einzigartigkeit, worüber noch berichtet wird. Um es vorwegzunehmen: Die Münzen versinnbildlichen den biblischen „Judaslohn“. Die 30 Silberlinge, welche Judas Ischariot von den Römern für den Verrat des Jesus von Nazareth erhielt.20 Noch heute gilt Judas als größter Verräter der christlichen Zivilisation. Ihm wurde einst die Schuld am Tode Jesu zugeschrieben und sein Tun war eine der Rechtfertigungen für eine nahezu zwei Jahrtausende währende Ächtung der Juden. Durch die Festigung des Christentums im Hochmittelalter und der raschen Verbreitung der Bibel nach Erfindung des Buchdrucks zur Mitte des 15. Jahrhunderts, setzte eine breite Auseinandersetzung mit den Wurzeln des Glaubens ein. Dabei galt es, sich von den Relikten der Vergangenheit ein Bild zu machen. Was den Judaslohn betraf, glaubte man, eine ganz bestimmte Art antiker Münzen mit jüdischer Schrift benutzt zu haben. Um diesen geschichtsträchtigen und emotionsgeladenen Blutzoll nun einer breiten Masse vor Augen führen zu können, wurde er mindestens seit dem 16. Jahrhundert nachgebildet. Seither konnte der Gläubige ehrfürchtig die Münzen bestaunen, mit der Hand fassen oder gar besitzen. Obwohl es das verwerflichste Geld des Christentums darstellte, war ihm diese Devotionalie eindringliche Erinnerung an eine Schlüsselszene des christlichen Glaubens und fortwährende Mahnung. Zu jeder Zeit galten die Nachbildungen den Gläubigen und Pilgern als authentische Zeugnisse des Judaslohns. Manch Münzsammler erwarb sie gar als Original.
Der vermeintliche Münztyp des Judaslohns und seine neuzeitliche Ikonografie
Die Münzwissenschaft hielt bis ins 19. Jahrhundert seltene antike Münzen mit hebräischer Schrift für die 30 Silberlinge des Judas. Man glaubte, es sei das Geld der einstigen Makkabäerherrschaft21 gewesen und zum Kreuzigungsgeschehen in Jerusalem als Zahlungsmittel benutzt worden. Erst die moderne Numismatik weiß, dass sie aus späterer Zeit stammen. Es sind die Münzen des ersten Aufstandes der Juden in der römischen Provinz Judäa in den Jahren 66 bis 70. Eine dicke Silbermünze im Gewicht von etwa 14 g und 22 mm Durchmesser – der Schekel. Antike Schekel mit dem Jahr 5 (Jahr 70) sind sehr selten, gelegentlich wird ihre Authentizität angezweifelt.
Gravierende Veränderungen erfuhren dagegen die Bildmotive: Der Kelch der Vorderseite wurde zu einem Weihrauchgefäß und die vormals darüber befindliche Jahreszahl, bei der Jahreszahl „2“ z. B. die althebräischen Buchstaben SB (vgl. Abb. 3), zum daraus aufsteigenden Rauch. Auf der Rückseite wandelte sich der Granatapfel zu einem blattreichen Zweig, der die grünende Rute Aarons darstellen soll. Hinter den veränderten Motiven verbirgt sich jedoch kein Vorsatz, sie entstanden durch schlichte Fehlinterpretationen der Vorlagen bzw. waren jene bereits damit behaftet. Die Bildmotive variieren im Laufe der Zeit. Das Weihrauchfass nimmt die unterschiedlichsten Formen an, wird sogar zur Amphore und der aufsteigende Weihrauch scheinen manchmal züngelnde Flammen zu sein. Die Schrift beinhaltet teils Fantasiebuchstaben, weil die Urheber des Hebräischen nicht mächtig waren. Trotz dieser zahlreichen Varianten blieb aber das neue Grundschema „Weihrauch
Das Münzbild der Weihrauchmünze bzw. des Falschen oder Görlitzer Schekels war geboren. Die fatale Folge dessen ist, dass man die Falschen Schekel bis ins 20. Jahrhundert für authentische Nachbildungen der 30 Silberlinge hielt, obwohl ihre Vorbilder nach biblischer Zeitrechnung schlicht zu spät verausgabt wurden. Jesus von Nazareth starb sehr wahrscheinlich im Jahr 30. Die Wissenschaft glaubt heute, dass am ehesten Schekel der oströmischen Stadt Tyros (heute im Libanon) dafür in Frage kamen oder die Römer einfach mit ihren üblichen Denaren der Zeit den Verrat bezahlten. Die Motive und Inschriften der Görlitzer Schekel haben im Grunde nichts mit den Geschehnissen um Jesus von Nazareth zu tun.
Das Erscheinen der Falschen Schekel
Die früheste Nachricht über die alten jüdischen Schekel hinterließ im 13. Jahrhundert der spanische Gelehrte Moses Ben Nachman. Als er 1267 ins Heilige Land ausgewandert war, sah er in Akko eine Silbermünze: „reich gearbeitet, einen Mandelzweig auf der einen, eine Flasche auf der anderen Seite und beidseitig schöne Inschriften. Samaritaner konnten die althebräische Schrift lesen: Schekel von Israel und Jerusalem die Heilige. Der Zweig stelle die Rute Aarons und die Flasche den Mannatopf dar“.27 Die Beschreibung der Münze ist aus heutiger Sicht widersprüchlich, wenn Nachman einerseits von alter hebräischer Schrift berichtete, die Bildmotive aber die des Falschen Schekels waren. Vermutlich sah er eine antike Münze, konnte aber die Bilder nicht richtig deuten. Seine Nachricht könnte deshalb die Ursache dafür sein, dass fortan jene Münze für die des Judaslohns gehalten wurde und Vorbild des Falschen Schekels war.28 Ob bereits im Spätmittelalter an der unter muslimischer Herrschaft stehenden Grabeskapelle in Jerusalem Nachbildungen in Gebrauch waren, ist durchaus möglich; die Numismatiker sind sich darüber aber uneinig. Kisch glaubte es nicht, da andernfalls durch die vielen Pilger diese Tradition an weitaus mehr europäische Orte getragen worden wäre. 29 Gesicherte Informationen über die Falschen Schekel beginnen im 16. Jahrhundert. Es folgt eine gestraffte Wiedergabe in chronologischer Folge: Zuvorderst steht vielleicht ein unsigniertes Gemälde in den Uffizien von Florenz, welches die Passion Christi darstellt und einst dem niederländischen Maler Lucas van Leyden (1494–1533) zugeschrieben wurde. Links auf dem Sargdeckel liegen dreißig Silbermünzen – deutlich ist das neuartige Münzbild „Weihrauchfass–Aaronstab“ und neue hebräische Quadratschrift zu erkennen (Abb. 5).30 Doch die Urheberschaft des van Leyden wird inzwischen ausgeschlossen. Es handelt sich deshalb nicht wie gelegentlich angenommen, um die früheste Abbildung des Falschen Schekels. Durch Stilvergleich konnte Gitler Einflüsse grafischer Arbeiten des Nürnberger Malers Albrecht Dürer (1471–1528) nachweisen, er legt das Gemälde nach Deutschland in das ausgehende 16. Jahrhundert.31 Als Bildvorlage musste dem unbekannten Künstler ein bereits im 16. Jahrhundert gegenwärtiges Münzbild gedient haben. Ein überlieferter Briefwechsel der Konstanzer Gebrüder Blaurer aus dem Jahr 1541 ist die erste Schriftquelle. Der Reformator Ambrosius Blaurer (1492–1564) schenkte einen Schekel seinem Züricher Kollegen Heinrich Bullinger (1504–1575). Jener hielt ihn zunächst für echt, doch Blaurer klärte ihn über die Nachahmung auf.32 Auch Philipp Melanchthon (1497–1560) verehrte 1552 dem Dessauer Reformator Fürst Georg III. von Anhalt (1507–1553) einen Schekel und beschrieb ihn dabei als „Weihrauchmünze“.33 Sie soll auf sein Betreiben hin in Joachimsthal angefertigt worden sein.34 Dass in diesem erzgebirgischen Tal „alte jüdische Schekel“ hergestellt wurden, teilte bereits der Joachimsthaler Pastor Johann Mathesius († 1565) zur Mitte des 16. Jahrhunderts mit.35 Selbst in Dänemark konnte 1571 ein testamentarisch vererbter Schekel nachgewiesen werden, der schon vor 1566 vermutlich in Deutschland erworben sein musste.36 In einer 1574 erschienenen Schrift des Italieners Azariah de Rossi findet sich eine unzulänglich ausgeführte Abbildung eines antiken Schekels, der mit 35 mm viel zu groß und mit neuer hebräischer Schrift versehen ist. Er gleicht dem neuartigen Schekel so sehr, dass Kisch einst glaubte, das Bild wäre die Vorlage für alle späteren Nachbildungen gewesen.37 Wenn auch nicht de Rossis Abbildung, so vielleicht doch dessen unbekanntes Vorbild.
Ein früher nachgewiesener Hersteller „echter Silber-Sickel“ war der Hamburger Münzmeister Andreas Metzner. Seine Prägungen wurden durch den Altwarenhändler Herman Tapgen vertrieben, welchem die Stadt Hamburg um 1574 eine entsprechende Lizenz verliehen hatte. Für den Absatz warb Tapgen mit einem Prospekt in deutscher, lateinischer und griechischer Sprache.38 Möglicherweise war der 1571 in Dänemark aufgetauchte und auch ein 1586 an die Möllner Schützenkette gelangter Schekel39 ein solches Exemplar. Als älteste überlieferte Schekelmünze gilt ein mit dem Jahr 1584 datiertes Stück – der so genannte MeyselSchekel (Abb. 6). Benannt nach seinem vermeintlichen Initiator, dem Prager Rabbiner Mordechaj Meisel (1528–1601).40 Kisch schrieb, dass er im böhmischen Joachimsthal von Zacharias Kempf (nachweisbar bis 1601) nach den Vorlagen zweier Miniaturmedaillen seines Schwiegervaters, dem Medailleur Nickel Milicz († vor 1575), gegossen wurde. Die Miniaturmedaillen, zwei undatierte kaiserliche Portraitmedaillen (Katz 335 und 338, ebenso Nr. 90), zeigen im Revers den gleichen rauchenden Kelch.41 Kisch hielt deshalb Joachimsthal um das Jahr 1550 für den Ursprungsort aller neuen Schekel. Es scheint, als ob beim Meysel-Schekel die Jahreszahl 1584 nachträglich in die Gussform graviert wurde, wahrscheinlich war er ein Einzelstück und Exemplare ohne Jahr existierten schon zuvor. Über frühe Joachimsthaler Schekel hatte schließlich schon der 1565 verstorbene Pastor Mathesius berichtet.42 1589 ließ Landgraf Georg I. zu HessenDarmstadt (reg. 1567–1596) in der evangelischen Stadtkirche zu Darmstadt für sich und seine verstorbene Frau ein gewaltiges alabasternes Epitaph errichten. Einziger Schmuck seines Standbildes ist eine Halskette mit anhängendem Görlitzer Schekel (Abb. 7).43 Und Adam Berg schrieb 1596 über biblische Münzsorten: „man find noch zur Gedächtnuß etliche Silberne Seckel, die hin unn wider abgegossen werden, die haben auff einer seiten die Ruthen Aaronis, die da grunete und Mandlen trug, unnd stehen Hebreische Buchstaben darumbher, die bedeuten so vil, als Müntze der Statt Jerusalem, unnd auff der andern seiten steht ein Kelch, oder Faß mit Weyrauch, und dabey die Worte Seckel Israel“.44 Dies waren zweifelsfrei die Görlitzer Schekel und bemerkenswert ist, dass Berg sie als „zum Gedächtnis angefertigt“ bezeichnete und sie offenbar schon länger existierten. Literarische Abbildungen der neuen Schekel sind seit 1604 bekannt. Eine grafische Titelvignette des spanischen Gelehrten Juan Baptista Villalpando zeigt die Münze in der gleichen Art wie auf dem Florentiner Gemälde (Abb. 8).45 Der Pariser Theologe und Hebraist Jean Morin bildete 1631 einen silbernen und bronzenen Schekel in verschiedenen Varianten ab,46 welche der Engländer Brian Walton, Bischof von Chester, 1655 wiederholte47. Im Jahr 1640 erwarb der dänische Theologe Rasmus Vinding in Paris einen Görlitzer Schekel48 und Villalpandos Bild erschien zwischen 1650 und 1663 als Relief auf den Glocken des englischen Gießers John Palmer aus Gloucester.49 Es fällt auf, dass das Schekelbild des 16. und 17. Jahrhunderts, ob es nun in Böhmen, Spanien, Frankreich, Deutschland, England oder den Niederlanden in Erscheinung trat, unverändert blieb. Selbst die ersten Schekel in Görlitz trugen diese Zeichnung (dazu unten ausführlich). Es dürfte sich um den ältesten Typ eines Falschen Schekels handeln (Typ B). Eine abweichende, aber ebenfalls frühe Schekelnachbildung ist der so genannte Buchheim-Schekel. Weihrauchfass und Aaronstab sind von anderem, äußerst feinem Stil und von hervorragender Prägequalität (Abb. 9). Der mit „I. B.“ signierte silberne Schekel wird dem Breslauer Medailleur Johann Buchheim (1624–1683) zugeschrieben, welcher ab 1653 wirkte und mit etlichen religiösen Medaillen in Erscheinung trat. Das Entstehungsfenster des Schekels lag demnach zwischen den Jahren 1653 und 1683.
Weitere Nachweise im 17. Jahrhundert sind: Das Bild des Züricher Theologen und Orientalisten Johann Heinrich Hottinger von 1662,53 ein im Jahr 1671 in den Turmknopf der Berliner Nikolaikirche eingelegter Schekel,54 die 1683 publizierte Münzgeschichte des Charles Patin,55 das 1690 im Werk des Niederländers Willem Goeree wiederholte Bild Villalpandos,56 die 1699 vom Braunschweiger Juristen Johann Philipp Odelem in seiner Dissertation über jüdische Münzen abgedruckte Schekelmedaille57 und schließlich präsentiert 1700 Johann Gronings „Geöffnete Müntz-Cabinet“ einen „Seckel des Juda“.58 Wie uneins damals die Wissenschaft war, belegen folgende Beispiele: Joseph Eckhel schrieb 1786 „Alle Sikel [...] mit denen heut zu Tage die Bibeln abgedruckt werden, sind durchaus falsch und Geburten neuerer Zeiten. [...] Man hat [die] Münzen nach Weisung der Geschichte willkührlich erdichtet. [Dazu] gehören [...] die läppischen Silberlinge mit hebräischer Aufschrift, womit sich oft der Leichtgläubige äffen läßt“,59 Schmieders Handwörterbuch der Münzkunde 1811 nannte sie „Trugmünzen“60, andererseits sprach sich aber noch 1810 der Engländer Solomon Lyon für die Echtheit dieser Stücke aus.61 Das Israel Museum Jerusalem besitzt eine in Straßburg hergestellte Gussform aus dem Jahr 1748.62 Im 19. Jahrhundert, als in Görlitz der Schekelverkauf bereits in voller Blüte stand, tauchten auch wieder gehäuft Schekel in Westeuropa und erstmals in Amerika auf. Westeuropa erlebte im Zeitalter der Aufklärung eine Erneuerung des christlichen Glaubens und der Bibelstudien. Das Heilige Land war im Jahr 1799 unter britischen Einfluss gelangt und man meinte, durch archäologische Grabungen Beweise zur biblischen Geschichte zu erhalten. Zahlreiche Pilgerreisen wurden unternommen und dafür religiöse Erinnerungsstücke verausgabt, so auch die 30 Silberlinge. In München vertrieb um das Jahr 1800 Joseph Liebich Schekel, dessen Werbezettel ihn als „Wahrer Abdruck von einem ächten Silberling“ auszeichnete.63 Auch im Vatikan muss es Nachbildungen gegeben haben, die um 1850 der New Yorker Bankier A. Nicholas in Silber und minderwertigem Material nachprägen ließ.64 In amerikanischen Sonntagsschulen wurden silberne Schekel verwendet65 und in Prag tauchten um 1850 Stücke mit der Signatur der Prägeanstalt „C[arl]. HOEFER, PRAG“ auf.66 Aus England sind Falsche Schekel der Firma „Toye, Kenning & Spencer“ (Freimaurerbedarf) bekannt, welche dem Typ des 16. Jahrhunderts glichen und über Münzhändler vertrieben wurden. Die Firma Spencer signiert ihre Stücke seit etwa 1890 mit „SPENCER LONDON“, sie werden noch heute unverändert geprägt (Abb. 11).67 Londoner Händler vertrieben Schekel samt Beschreibungszettel, die bezeugten, dass es sich um eine „getreue Nachbildung des antiken jüdischen Schekels handele, der in der Bibel Silberling genannt werde“.68 Vielleicht waren es jene als echt angebotenen Schekel, vor deren Kauf 1897 in Amerika gewarnt wurde.69 Rezak hält auch die Verwendung für jüdische Rituale, wie das Geschenk an den erstgeborenen Sohn („Pidyon haBen“), für möglich.70 Auf dem ersten Zionistenkongress 1897 in Basel sollen Schekel als Eintrittspass benutzt worden sein, schreibt Lapa. Den Ursprung moderner Schekel sieht er im Umfeld jüdischer Veranstaltungen und Synagogen, Görlitz schenkte er dabei keine große Beachtung.71 Tameanko meint, dass bis etwa 1920 tausende Falsche Schekel in Deutschland, England, Amerika und Böhmen angefertigt wurden.72 Resümierend kann festgestellt werden, dass der Falsche oder Görlitzer Schekel bereits im 16. Jahrhundert eine erstaunliche Wertschätzung erfuhr. Nahezu Reliquien gleich gingen sie unter großen Reformatoren von Hand zu Hand, eine dänische Dame hohen Standes vererbte einen Schekel ausdrücklich im Testament und ein hessischer Landesherr schmückte sich damit für die Nachwelt. Es waren meist Protestanten, die durch ihre vom Humanismus getriebenen Bibelstudien den ursächlichen Zusammenhang des Glaubens ergründen wollten und die Münze des Judaslohns als eines der wenigen greifbaren biblischen Relikte verehrten. Oft dürften sie über die Herkunft ihrer Stücke gar nicht unterrichtet gewesen sein. Selbst als Nachbildung hielt man die Schekel für äußerst wertvolle und authentische biblische Zeugnisse. Nach Vorstellung all dieser Schekeltypen darf aber nicht verkannt werden, dass ihr Erscheinen meist nur zeitlich begrenzte Einzelfälle waren. Die Numismatik hätte ihnen keine große Bedeutung zugemessen und sie weiterhin als Erfindungen oder Wallfahrtsmedaillen abgetan, wäre nicht im 15. Jahrhundert in Görlitz eine Stätte entstanden, die jene Objekte bis in die Gegenwart in eine andere Dimension rückt.
Das Heilige Grab in Görlitz
Vom Jahre 1481 bis 1504 entstand vor den Toren der Stadt Görlitz ein Nachbau des Heiligen Grabes von Jerusalem – das „Görlitzer Jerusalem“.73 Der Name ist dabei als Sammelbegriff für ein Architektur- und Landschaftsensemble zu verstehen, welches aus der Kreuzkapelle (eine über zwei Etagen reichende Doppelkapelle mit Adams- und Golgathakapelle), dem Salbhaus und dem eigentlichen Heiligen Grab besteht. Die Anhöhe samt Bauwerken ist der biblische Berg Golgatha, die Richtstätte Jesu Christi. Doch nicht nur dies, der Wasserlauf des Lunitzbaches stellt das Tal des Baches Kidron dar, die angrenzenden Hügel den Ölberg mit dem Garten Gethsemane und auf der Wegstrecke von der Stadtkirche St. Peter und Paul befinden sich verschiedene Kreuzwegstationen. Selbst die tausend Schritte der Jerusalemer Via Dolorosa sind in Görlitz die gleichen und auch der durch das in der Todesstunde stattgefundene Erdbeben entstandene Riss im Mauerwerk fehlt nicht.74 Die Heilig-Grab-Kapelle in ihrem byzantinischen Baustil ist dabei eine architektonische Einmaligkeit: Sie konserviert den Zustand des Jerusalemer Originals, wie ihn einst die Kreuzfahrer im 11. Jahrhundert vor Augen hatten, im Jahr 1555 aber verändert wurde. Nirgendwo sonst bietet sich dem Besucher dieses Bild (Abb. 12). Ludwig Feyerabend schrieb 1927:
„So kann sich denn unsre Görlitzer Heilige-Grab-Kapelle in ihrer Eigenart und getreuen Erhaltung zu den merkwürdigsten und seltensten Bauten rechnen in unserm ganzen deutschen Vaterlande“.75 Als Initiator und Stifter der Anlage galt der Görlitzer Bürgermeister Georg Emmerich (1422–1507). Er hatte 1465, wohl wegen einer sittlichen Verfehlung, eine Pilgereise ins Heilige Land unternommen, erhielt dort die Absolution und wurde am 11. Juli zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen.76 Nach seiner Rückkehr soll er die Anlage gestiftet haben, so bestätigen es seit 1578 zwei von seinem Enkel aufgestellte Epitaphien in der Kreuzkapelle. Dennoch ist dies eine Legende. Bauherr und Eigentümer der Anlagen war nach Quellenlage die Stadt Görlitz.77 Emmerich konnte als fünfmaliger Bürgermeister allenfalls den Baufortgang beeinflusst haben, finanziert hatte er sie nicht.
Mag heute manchem Besucher in Görlitz das Heilige Grab als ein kunstgeschichtliches Kuriosum vorkommen, so war es ehemals ein Ort tiefster Frömmigkeit. Wer die kostspielige und lebensgefährliche Wallfahrt nach Jerusalem zur Erlösung seiner Sünden scheute, pilgerte seit Ende des 15. Jahrhunderts nach Görlitz. Die Gläubigen erlebten hier zwischen Peterskirche und Grabanlage den Kreuzweg und die Leiden Jesu Christi (Abb. 13). Auf dem Berg Golgatha angekommen, konnten verschiedene Devotionalien erworben werden, auch Nachbildungen der 30 Silberlinge. Selbst die Reformation veränderte daran nichts, obwohl andernorts solche Rituale obsolet geworden waren. Am Karfreitag 1525 unterließ zwar der reformierte Pfarrer Rupertus erstmals das Tragen des Christusbildes durch die Stadt,78 doch schon 1578 machten Nachfahren Emmerichs die Grabanlage zu dessen Erinnerungsstätte und alte Liturgien wurden fortgesetzt. In der protestantisch gewordenen Stadt Görlitz blieb so die rein katholische Ausdrucksform zur Vergegenwärtigung des Passionsgeschehens erhalten, wovon zahlreiche Schriften und Abbildungen aus allen Jahrhunderten zeugen. Görlitz war im 16. Jahrhundert zur meistbesuchten Heiliggrabwallfahrt Deutschlands geworden und bis zum Ende des 19. Jahrhunderts galt das Grab als die bedeutendste Sehenswürdigkeit der Stadt. „Kein Ort ward und wird in Görlitz wohl häufiger besucht, als dies heilige Grab“, so 1825 in einer Beschreibung Görlitzer Altertümer80 bzw. 1906: „Das Grab ward ein von Hunderttausenden besuchter Wallfahrtsort“81. So verwundert es nicht, dass der Blutzoll des Judas von Görlitz aus massenhaft verbreitet und die Stadt zum Synonym dieser „Münzart“ wurde. Auch wenn davon in den oben genannten numismatischen Schriften oft nur am Rande zu lesen ist.
Der Görlitzer Schekel
Dass bereits Georg Emmerich 1465 auf seiner Pilgerreise in Jerusalem Nachbildungen der biblischen Silberlinge gesehen oder gar mitgebracht und diese Tradition sogleich in Görlitz aufgenommen habe, wird gern gemutmaßt, entspricht aber eher nicht den Tatsachen. Der Görlitzer Ratsarchivar Richard Jecht (1858–1945) antwortete Hill auf dessen Anfrage, dass die historischen Quellen dazu nichts hergeben.82 Dennoch hält sich die vermeintliche Urheberschaft Emmerichs hartnäckig. Einen von Kisch abgebildeten bronzenen Schekel hält Tameanko wegen seiner primitiven Machart für die früheste, nach 1480 in Görlitz entstandene Nachbildung (Abb. 14).83 Doch allein wegen des Materials dürfte er nicht als „Silberling“ angenommen worden sein und anderer Provenienz sein. Eine interessante These zu einem neu entdeckten Schekel vertritt gegenwärtig Rezak. Der erstmals 2006 präsentierte Typ zeigt unter dem Fuß des Kelches die hebräische Signatur גץ – zu Deutsch „G TZ“ (Abb. 15). Rezak hält es für möglich, dass dies das Kürzel für „Görlitz“ sei und legt ihn in das 18. Jahrhundert.84 Allerdings ist auch er aus Bronze. Wann die ersten Schekel in Görlitz tatsächlich auftauchten, ist ungewiss. Eine sehr wahrscheinliche These ist, dass die „Wiedereröffnung“ des Heiligen Grabes durch Emmerichs Nachfahren im Jahr 1578 den Anfang markiert haben könnte.85 Die damals entstandenen Epitaphien sind im Kontext einer zunehmenden Wallfahrt zu sehen und die Wallfahrer bedurften Erinnerungsstücke. Der früheste Hinweis eines Schekels in Görlitz stammt allerdings erst aus dem Jahr 1713: Ein grafisches Blatt des Görlitzer Zeichners Daniel Petzold (1686–1763) zeigt unter dem Wappen Emmerichs (Emericiana Insignia) beide Seiten eines Schekels; dabei die Erläuterung „Silberling der von Vorständigen Kenner als genuin gehalten wird“ (Abb. 16).86 Die Selbstverständlichkeit, mit welcher hier Emmerich mit dem Schekel in Verbindung gebracht wurde, besagt zwar nicht seine Urheberschaft, jedoch den Gebrauch von Schekeln in Görlitz seit geraumer Zeit. Die Zeichnung trägt das Münzbild der frühesten Darstellungen im 16./17. Jahrhundert. Der Görlitzer Gymnasialdirektor Samuel Großer schrieb 1714: „hinter dem Altare stehet ein Kasten, zum Andenken desjenigen, darein Judas, bey Erkäntnüß seiner unverantwortlichen Verrätherey, die dreyßig Silberlinge geworfen“.87 Vermutlich enthielt der in der unteren Adamskapelle befindliche Kasten tatsächlich auch Silberlinge, wie sie Petzold 1713 gezeichnet hatte. Auch lag wohl stets auf dem Altar ein Stück zur Anschauung aus. Schon 1734 erschien im Zittauer Münzkabinett ein gestifteter Schekel.88 Der Kustos des Heiligen Grabes verkaufte den Besuchern zum Andenken Silberlinge, sogar samt eines Büchleins, wie ein solches von 1743 mit anhängendem Schekel belegt.89 Seit der Mitte des 18. Jahrhundert wurde in den zahlreichen Grabbeschreibungen der Schekel ausdrücklich beworben; z. B. 1757: „man kann hievon einen Abguß in Silber oder feinem Zinn bekommen“90 In Gottfried Meißners Reisebeschreibung durch Deutschland ist 1798 zu lesen: „Des Spaßes wegen kauft‘ ich aber doch einen silbernen Silberling, die hier ausgegeben werden, (man prägt auch welche in Zinn) um meinen Freunden in Dresden diese interessante – äußerst schlecht geprägte – Münze zu zeigen"91. Der Großenhainer Archäologe und Numismatiker Karl Preußker erwähnte 1843 gleichfalls den Schekelverkauf: „Vorgebliche Abgüsse solcher [der 30 Silberlinge] in Zinn werden den Besuchern zum Andenken abgelassen“92 und August von Werlhof berichtete 1856: „Ein ausserordentlich verbreitetes Stück [dessen] Anfertigung durchaus nicht auf Täuschung abgesehen ist. [Das] heilige Grab wird von den meisten Fremden auf ihrer Durchreise besucht.
Bei dieser Gelegenheit bietet der Castellan Jedem beim Weggehen eine solche Münze zum Andenken, welche in Zinn 2½ Sgr. [Silbergroschen, preußisch] und in Silber 20 Sgr. kostet.“93 Die Bezugsmöglichkeit der Schekel „beim Custos“ wurde letztmalig 1914 in einer Grabbeschreibung erwähnt.94 Dennoch wird der Verkauf fortgesetzt und erst unter den Nationalsozialisten in den 1930er Jahren eingestellt worden sein; den zuletzt verkauften Schekeltyp zeigt Abb. 17.95 Der Schekelverkauf dürfte zu jeder Zeit eine beachtliche wirtschaftliche Einnahmequelle des Heiligen Grabes gewesen sein. Werden alle vorkommenden Schekel reflektiert, einschließlich jene fremder Provenienz, so kommen sie in Gold, Silber, Messing, Kupfer/Bronze, Zinn, Blei, Eisen, Weißmetall und Aluminium sowie versilbert und vergoldet vor. Manche Stücke wurden nachträglich ziseliert, gelegentlich waren sie aber auch sehr oberflächlich gearbeitet. Die angeblich mangelnde Qualität der Görlitzer Stücke wurde schon früher in der Fachliteratur erwähnt. In älteren Münzkatalogen war oft zu lesen „Jüdischer Schekel (Görlitzer Fabrikat)“, der Preis war dann entsprechend gering.96 Die in Görlitz verkauften Schekel waren mehrheitlich gegossen, hauptsächlich aus Zinn oder Blei, seltener Silber. Hoferichter ermittelte 1984 für Görlitz ein Verhältnis von gegossenen zu geprägten Schekeln von 21 : 13.97 Bei Prägungen kommen auch Doppelschläge vor. In den Städtischen Kunstsammlungen Görlitz befand sich bis 1945 eine im Jahr 1911 in Marklissa angekaufte Gussform (Typ C), angeblich aus dem 17. Jahrhundert,98 und ein Prägestempel. Ihre Durchmesser betragen etwa 30 bis 40 mm, einmal sogar 48 und das Gewicht liegt zwischen 7 und 40 g. Ob Kelch, Rauch, Aaronstab oder Schrift, alles kommt in den unterschiedlichsten Formen und Varianten vor. Man möchte meinen, dass es die Absicht der Herausgeber war, bei jeder Neuedition einen anderen Typ zu schaffen. Die Amphore war z. B. ein typisch Görlitzer Merkmal, wie eine spätestens 1898 entstandene Ansichtspostkarte zeigt (Abb. 18). Oft wurden die Schekel mit Trageösen oder Lochungen versehen. Kisch nahm 1941 eine Klassifikation seiner „Schekelmedaillen“ anhand der Form des Kelches vor (Formulierungen angepasst):99 Typ B Kelch mit schmaler Taille (kegelförmiger Fuß, oben breite Öffnung) Typ C bauchige Vase ohne Griffe (oben schmale Öffnung) Typ D bauchige Vase mit zwei Griffen (Henkelvase/Amphore) Typ E zylindrisches Gefäß
Alle vier Typen waren in Görlitz anzutreffen (eine Übersicht gewährt Abb. 22). Schon in der 1727 entstanden Milichschen Bibliothek und Raritätensammlung zu Görlitz, befanden sich 1801 unter der Rubrik „Silberne Schaumünzen ohne Jahreszahl“, wohl als Besonderheiten, ein silberner und ein „übergoldeter Silberling“.100 Die städtische Münzsammlung, das im Jahr 1908 gegründete „Wasserschlebensche Münz- und Medaillenkabinett“ im damaligen Kaiser-Friedrich-Museum, erwarb von 1910 bis 1918 mehrfach Schekel, so auch jenen des Johannes Buchheim.101 Um 1940 umfasste die Sammlung mindestens 36 verschiedene Stücke (Abb. 20), sie gingen 1945 kriegsbedingt verloren. 1941 beschrieb Bruno Kisch 81 Typen102 und Tameanko konnte schon über 200 verschiedene Varianten ausmachen103. Die Auflagenzahlen der Görlitzer Schekel sind unbekannt.104 Es ist nicht in jedem Fall möglich, Schekel Görlitzer Provenienz zu bestimmen. Dabei ist es aber unbestritten, dass die Mehrzahl aller vorkommenden Schekel vom Görlitzer Heiligen Grab aus in Umlauf gebracht wurden. Peus schrieb 1977: „Ihre überwiegende Zahl ist jedoch aus naheliegenden Gründen in Görlitz, und wenn nicht dort selbst, dann doch für den Verkauf durch die Wallfahrtsverwaltung hergestellt worden“.105 Denn einzig in Görlitz bestand eine ununterbrochene, über Jahrhunderte währende Schekeltradition, welche wahrscheinlich um das Jahr 1578 begann.
Neubeginn zur 500-Jahr-Feier des Heiligen Grabes
Im Jahr 1989 veranstaltete der 1986 in Westberlin gegründete „Förderverein zur Denkmalpflege für das Heiliges Grab in Görlitz“ gemeinsam mit dem damaligen Eigentümer, dem Parochialverband der evangelischen Kirchgemeinden Görlitz, am Heiligen Grab eine ökumenische Feier anlässlich seines 500-jährigen Bestehens. Auch wenn die Historiker den Zeitpunkt kritisch betrachten, 1489 war nur die Adamskappelle fertiggestellt, waren die Feierlichkeiten noch während der DDR-Zeit bemerkenswert. Schließlich war die Grabanlage seit den 1930er Jahren eher in Vergessenheit geraten und liturgisch kaum noch genutzt worden. Manch Görlitzer wusste nicht von ihrer Existenz. Zum Jubiläum wurden vor der Kreuzkapelle drei Linden nach historischem Vorbild gepflanzt, die Standorte der drei Kreuze auf dem Berg Golgatha symbolisierend. Der Görlitzer Parochialverband und die Fachgruppe für Numismatik gaben zu diesem Anlass jeweils eine Gedenkmedaille heraus.106
Zum Jubiläum entstand auf Initiative der Görlitzer Numismatiker auch wieder ein Schekel, welchen der Dresdner Medailleur Peter Götz Güttler erschuf. In Anlehnung an das antike Stück trägt er eine Jahreszahl über dem Kelch (1989) und die Rückseite zeigt statt des Aaronstabes einen dreiblättrigen Lindenzweig mit Blüte, als einen Hinweis auf die drei gepflanzten Linden. Der neue Schekel ist als eine Künstlermedaille zu verstehen; Guss, 35 mm, Auflage 80 Stück, Katalog Güttler 1989.8 (Abb. 21/1)107. Das Erinnerungsstück war schnell vergriffen und so kam 1996, zur 925-Jahrfeier der Stadt Görlitz, in gleicher Weise ein weiterer Güttler-Schekel zustande. Auf der Rückseite nun die historische Lotusblüte des antiken Schekels (vgl. Abb. 3); Auflage 100 Stück; Katalog Güttler 1996.11 (Abb. 21/2). 1999 entschloss sich die Evangelische Kulturstiftung Görlitz, seit 1996 Eigentümerin des Heiligen Grabes, zu einer Wiedergeburt des Görlitzer Schekels in seinem historischen Kontext. Am Heiligen Grab sollten wieder wie in alten Zeiten versinnbildlichte Silberlinge als Souvenir gekauft werden können. Entworfen hat diese dritte Auflage abermals Peter Götz Güttler, die Prägestempel gravierte Peter Lipsch, Dresden; Katalog Güttler 1999.23 (Abb. 21/3). Geprägt wurden sie in der 1. Dresdner Medaillenmünze Glaser & Sohn in wenigen Exemplaren in Gold (585er) sowie zum Verkauf in Feinsilber (250 Stück), Bronze und Zinn (jeweils 500 Stück). 2014 beging die Evangelische Kulturstiftung Görlitz das 525. Jubiläum der Adamskapelle. Dabei wurde ein sich darauf beziehender Schekel ausgegeben: Hersteller und Zeichnung unverändert, Avers mit Jubelzahl 525, Revers mit Jahreszahl 2014, Bronze geprägt, Auflage 500 Stück.
Die Heilig-Grab-Anlage erhielt im Jahr 2002 ein modernes, dieser kulturhistorischen Einzigartigkeit Deutschlands angemessenes Empfangsgebäude. Der Besucher kann seither in einer gepflegten, tiefste Frömmigkeit ausstrahlenden Anlage wieder Erinnerungsstücke an die 30 biblischen Silberlinge kaufen, wie es seit über vier Jahrhunderten Brauch war.