Photo: Fassadengestaltung in Worpswede/Niedersachsen
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O Gott, mein Herr, wie wunderbar
1.) O Gott, mein Herr, wie wunderbar
Spielest du mein den Deinen,
Führest sie in Not und Gefahr,
Lässt sie rufen und weinen,
Stellst dich fremd und von ihnen weit,
Dass sie vor großem Herzeleid
Bald zu verzagen meinen,
2.) Gedenken, du seist gar aus Haus,
Achtest nicht mehr ihr Schreien,
All' deine vorig Gnad' sei aus,
Wollst sie nicht mehr erfreuen,
Da sie doch an dich halten sich
Und so von Herzen lieben dich,
Auch ihr' Bosheit bereuen.
3.) Du führst sie über Berg und Tal
Durch Unglück vielerhande,
In großem Trauern mannigmal
Zu Wasser und zu Lande.
Sie sind wie ein Schiff auf dem Meer,
Werden getrieben hin und her,
Ja oft durch Ehr' und Schande.
4.) Aber, o Herr, wie sehr freundlich
Lässt du dich danach finden.
Zu rechter Zeit erbarmst du dich,
Machst alles Leid verschwinden.
Ein' Augenblick des Trauern wehrt,
Dein ewig' Gnad' bald wiederkehrt
Und hilft uns überwinden.
5.) Das Ungewitter stillest du
Und legst die Wellen nieder,
Schaffst unserm Herzen Fried' und Ruh',
Erquickest unsre Glieder.
Nach großem Regen scheint die Sonn',
Nach Traurigkeit kommt Freud' und Wonn',
Drum danken wir dir wieder.
6.) O Gott, bereit' dein Lob in mir
Für deine Gnad' unzählig,
Und was noch ist zu leben hier
Im Fleische hinterstellig,
Das lass mich leben dir allein.
Dir geb' ich mich, dein will ich sein,
Mach mich dir recht gefällig.
7.) Du bist mein Helfer ja allzeit,
Ohn' dich ist doch sonst keiner.
Regier mein Tritt, dass ich nicht gleit'.
Herzlich begehr ich deiner.
Bei dir ist täglich mein Gebet,
Mein Geist des Nachts auch mit dir redt.
Mein Gott, erbarm dich meiner.
8.) Vollführ' dein angefangen' Werk,
Vermehr, was du hast geben.
Du bist mein Aufenthalt und Stärk',
Meins Lebens Licht daneben.
Herr, gib dich mir, dir geb ich mich,
Halt mich bei dir beständiglich,
In deiner Furcht zu leben.
9.) Gib Kraft, dass mich im guten Lauf
Nicht mehr aufhält, noch hinder'
Weltfreundschaft und ihr Ackerkauf
Oder die fünf Joch Rinder, (a)
Auf dass ich mög in deinem Saal
Schmecken das herrlich Abendmahl
Der auserwählten Kinder,
10.) Ihrer Freiheit in dieser Zeit
Auch fröhlich mit genießen.
Lass all mein Tun in Lieb und Leid
Zu deinem Lob ersprießen.
Helf und tu du, was ich nicht kann,
Mit dir, Herr Jesu, fang ich's an,
Mit dir will ich's beschließen.
(a) Das Gleichnis vom großen Gastmahl, vgl. Evangelium des Lukas, Kapitel 14, Verse 16 bis 24
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Autor: Anna Hoyer
Melodie: Wär Gott nicht mit uns diese Zeit
oder: Allein Gott in der Höh sei Ehr
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Der Text wurde von mir behutsam, soweit
es die Strophenform und der Endreim zu-
ließen, in heutiges Hochdeutsch übertragen
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gefunden in:
Das deutsche evangelische Kirchenlied
des siebzehnten Jahrhunderts
Herausgegeben von Albert Fischer und W. Tümpel
Dritter Band
Druck und Verlag C. Bertelsmann
Gütersloh, 1906
Liednummer 379
Thema: Gottvertrauen, Kreuz und Trost
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Anna Ovena Hoyer, auch Owena u. Hoijer, geb. Hanß (* 1584 in Koldenbüttel/Nordfriesland; † 27. November 1655 auf Gut Sittwick bei Stockholm/Schweden) war eine norddeutsche Dichterin der Barockzeit.
Als früh verwaiste einzige Tochter des wohlhabenden Gutsbesitzers Johann Ovens (1560-1584) und seiner Frau Webbecke (1567-1587) wuchs sie bei ihrem gebildeten Onkel, dem Großgrundbesitzer und Chronisten Mewes Ovens in Witzwort auf. Sie erhielt eine gute Erziehung, war sprachbegabt und spielte verschiedene Instrumente. Schon im Alter von 15 Jahren verheiratete ihr Vormund sie mit Hermann Hoyer. 1620 erlaubte Herzog Friedrich III. der Familie, sich im neuzugründenden Friedrichstadt niederzulassen.
In 23 Ehejahren gebar Anna Ovena vermutlich neun Kinder, das letzte 1621. Bereits während ihrer Ehe dichtete sie eigene und übersetzte fremde Werke. Nach dem Tod ihres Mannes 1622 brachten sie Erbschaftsstreitigkeiten mit ihrem Schwiegersohn und der Hoyerschen Verwandtschaft, sowie Steuerforderungen des Herzogs Friedrich III. um den Großteil ihres Vermögens. Sie wandte sich nun zunehmend religiöser Literatur zu. Der lutherischen Orthodoxie stand sie dabei kritisch gegenüber. Das mystische, asketische Christentum der Schriften von Caspar Schwenckfeld, David Joris und Valentin Weigel stand ihr näher. Ihr Herrenhaus Hoyersworth und ihr Haus in Husum wurden zum Zufluchtsort religiös verfolgter Schwärmer. Gegen Angriffe seitens der Geistlichkeit wehrte sie sich mit satirischen Gedichten. 1634 überlebte sie mit zwei ihrer Kinder die Burchardiflut im Dachgeschoss des überschwemmten Tönninger Schloss. Irgendwann zwischen 1632 und 1642 ließ sie sich auf Vermittlung der Herzogsmutter Augusta mit fünf ihrer zum Teil schon erwachsenen Kindern in Schweden nieder, wo sie die ersten Jahre in großer Armut verbrachte. Erst 1648, als Gustav Adolfs Witwe Maria Eleonora von Brandenburg nach Schweden zurückkehrte, erhielt sie das Gut Sittwick bei Stockholm, das zu ihrem Wittum gehörte, geschenkt. Von ihrem Exil aus griff sie jahrzehntelang mit scharfen Attacken in die deutschen religiösen Kontroversen ein. Nachdem sie 1655 gestorben war, sammelten ihre Söhne ihre Lieder. Die Handschriften befinden sich heute in Kopenhagen. 1650 erschien am Verlagsort Amsterdam eine Gedichtssammlung, sie 'Annae Ovenae Hoijers Geistliche und Weltliche Poemata'.
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Anna Hoyers Lieder/ Hymns
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Christe, Gotts einger Sohn bist du
Geld- und Weltfreund vertrauen, ist wie auf sandig Grund
Kommt her, mit Fleiß betrachtet des Herren groß Gewalt
O Gott, mein Herr, wie wunderbar
Steht auf von allen Sünden in diesem neun Jahr