Erschrecklich Wort, entsetzlich Schall!
- Auf den andern Advent - (a)
1.) Erschrecklich Wort, entsetzlich Schall!
Der Winde Sturm, der Wolken Knall,
Des Meeres ungeheures Sausen,
Der grimmen Wasserwogen Brausen,
Die Zeichen an dem Firmament
Verkündigen der Welt das End',
Und rufen aus in allen Landen:
Der große Richter ist vorhanden. (b)
2.) Erzittre, sichres Sündenherz,
Dem diese Zukunft war ein Scherz!
Verschmacht vor Furcht, vor Angst und Zagen,
Die ihr für gute Wollust-Tagen,
Für Fressen, Saufen Tag und Nacht
Nicht einst an diesen Tag gedacht,
Und die ihr euch mit Nahrungssorgen
Gequält vom Abend bis zum Morgen.
3.) Ihr aber, teu'r-erlöster Hauf',
Hebt eure Häupter freudig auf!
Eur' Kreuz und Elend, o ihr Frommen!
Ist zum gewünschten Ende kommen,
Gebt keiner Furcht noch Schrecken Raum,
Seht an! Es grünt der Feigenbaum,
Wie dies zur Frühlingszeit geschahe,
So ist jetzt eur' Erlösung nahe.
4.) Ach, zweifelt nicht an diesem Wort,
Es müssen Erd' und Himmel fort,
Im Feuer schmelzen und zergehen,
Nur dieses Wort soll bleiben stehen,
Ja, nicht der kleinste Buchstab' fällt,
Wenn schon vergeht die ganze Welt,
Und wenn der Himmel Feste brechen,
Des Herren Mund will dieses sprechen.
5.) Nur hütet euch, dass euer Herz
Nicht sei gekehret unterwärts,
Dass es nicht an der Erden klebe,
In Sicherheit und Wollust lebe,
Und euch des Herren letzter Tag
In euren Sünden treffen mag,
Der wie ein Fallstrick, Bös- und Frommen
Zu lohnen, auf den Hals wird kommen.
6.) O Jesu, mach uns stets bereit
Auf deiner Zukunft Stund' und Zeit,
Dass deine Diener würdig werden,
Dem letzten Elend dieser Erden,
Und, dem Gerichte zu entgehn,
Wohl vor des Menschen Sohn zu stehn.
Lies unsern Nam' in selbter Stunden
Aus dem Register deiner Wunden.
(a) Mit den anderen (zweiten) Advent ist die zweite Ankunft Jesu Christi aus Erden gemeint, mit der die Vollendung der Schöpfung und das Ende der Welt mit dem Weltgericht gemeint ist, die Christen anlässlich der Wiederkunft Christi auf Erden erwarten. Ein anderer Begriff dieses Vorgangs ist die Offenbarung oder das Jüngste Gericht.
(b) erschienen
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Autor: Hans von Assig und Siegersdorf
Melodie: ohne Angaben
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Der Text wurde von mir behutsam, soweit
es die Strophenform und der Endreim zu-
ließen, in heutiges Hochdeutsch übertragen
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Herrn Hannß von Aßig Gesammlete Schrifften
Bestehend theils aus Geistl. und Vermischen Gedichten
Verlag Michael Hubert
Breslau, 1719
Thema: Advent
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Hans von Assig und Siegersdorf, (* 8. März 1650 in Breslau, † 1706) war ein schlesischer Barockdichter, dessen geistliche Lieder auch in evangelische Gesangbücher und Kirchenliedsammlungen aufgenommen wurden. Assig studierte Rechtswissenschaften in Leipzig, trat 1674 in schwedische Dienste und kämpfte als Seeoffizier auf dem Admiralsschiff im schwedisch-dänischen Krieg. Nach dem Tode seines Vaters kehrte er in die Heimat zurück, trat aber, da er hier keine öffentliche Stellung fand, in kurbrandenburgischen Dienste und wurde 1692 zum Schlosshauptmann, Burglehns- und Kammeramtsdirektor des Kreises Schwiebus ernannt. In dem erst 1719 erschienenen Band seiner Gesammelten Schriften finden sich außer seinem Lebenslauf u. a. das Märtyrerlied über den sterbenden Stephanus 'So versiegelt der Gerechte sein Bekenntnis durch den Tod' und das Schwiebuser Kirchweihlied 'Dreifaltig heilig großer Gott'.
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