Photo: Evangelische Erlöserkirche in Bad Homburg vor der Höhe, Hessen
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Ich beuge mich zu deinen Füßen
1.) Ich beuge mich zu deinen Füßen
Und werfe nach dir Blick auf Blick.
O Jesu, gib dich zu genießen,
Wirf deinen Blick auf mich zurück.
Du weißt am besten, wo mir's fehlet,
Wie tief das Herz verwundet ist.
Weil du allein Erlöser bist,
Hab ich dich auch für mich erwählet.
2.) Ich bin mir nicht mein eigner Heiland,
Mein bestes Werk gilt vor dir nichts,
Denn wenn ich ohne deinen Beistand
Was Gutes tue: So geschichts,
Dass ich mich nur von Stund' zu Stunde,
Indem ich mich selbst heilen will
Und halte deiner Hand nicht still,
Noch mehr entkräfte und verwunde.
3.) Wie könnt ich die Sünde bezwingen?
Sie wäre mir viel, viel zu stark.
Wie könnte ich das Gift wegbringen
Aus Herze, Gliedern, Blut und Mark?
Denn so tief ist es eingedrungen,
Und mit ihm des Gesetzes Fluch.
Bei allem möglichen Versuch
Ist's keinem noch hierin gelungen.
4.) Je schärfer die Gesetze lauten:
Je mehr sich Zorn dawider regt.
Je mehr die Seelenfeinde schauten,
Dass man mit solchen Waffen schlägt,
Die die Vernunft hat ausgesonnen.
Je mehr erreichten sie ihr Ziel,
Und wäre ihnen nichts zu viel.
Sie hätten bald den Sieg gewonnen.
5.) Und sollte mich mein Blut erlösen,
Und ein Versöhnungsopfer sein,
So machte es mich von dem Bösen,
Das in mir stecket, doch nicht rein.
Denn was das Opfer werden sollte,
Das wäre gleichfalls Sündenkot.
So käm ich tiefer in die Not,
Indem ich mich erretten wollte.
6.) Wie könnt ich die Schulden zahlen,
Und würde immer schuldiger?
Ja, stürbe ich zu tausend Malen,
Ich würde nicht geduldiger,
Nicht frömmer, himmlischer und reiner,
Es quillte immer Gift auf Gift.
Gewiss, auf diese Weise trifft
Es bei der besten Meinung keiner.
7.) Mein Jesu, du, du sollst es bleiben,
Dem alle Gläubigen ihr Heil
Und Seligkeit allein zuschreiben,
Und niemals einen andern Teil
An jenem Leben haben wollen,
Als den du durch des Kreuzes Last,
Mit vieler Pein, errungen hast.
Der ist es, den sie haben sollen.
8.) Ich will mich unter dich gern beugen,
Gebrauche mich, wozu du willst.
Lass mich nur wahren Ernst erzeigen,
Wenn du das Herz mit Gnade füllst,
Dass ich die mir geschenkten Gaben
Nicht, als ein menschlich' Eigentum,
Vielmehr zu deinem höchsten Ruhm,
Auf ew'gen Wucher (a) möge haben.
(a) Zins
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Autor: Samuel Lau
Melodie: Mein Jesu, dem die Seraphinen
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Neue Sammlung geistlicher Lieder
[gewidmet und unter der Beteiligung von Heinrich Ernst zu Stolberg]
Verlag des hiesigen und Commission des Hallischen Waisenhauses
Druck Johann Georg Struck, Hofbuchdrucker
Wernigerode, 1752
Liednummer 273
Thema: Glaube, Kampf und Rechtfertigung
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Samuel Lau (* 12. Oktober 1703 in Neukirch bei Elbing/Westpreußen, † 14. November 1746), war Pfarrer, Lehrer, Schriftsteller und evangelisch-lutherischer Lieddichter. Lau wurde als Sohn eines Pfarrers geboren und besuchte das Gymnasium in Elbing, um danach 1724 an der Universität Halle/Saale zu studieren, wo er u.a. Vorlesungen von August Hermann Francke (1663-1727) hörte. In Jena, wohin Lau anschließend ging, befreundete er sich mit Johann Liborius Zimmermann († 1734), der damals dort Privatdozent war. Als Zimmermann im Jahr 1728 Hofprediger in Wernigerode geworden war, wurde auch Lau vom Grafen Heinrich Ernst zu Stolberg-Wernigerode (1716-1778) als Lehrer seiner Kinder dorthin berufen, und als Zimmermann 1731 nach Halle/Saale ging, wurde Lau dessen Nachfolger in Wernigerode und blieb als Hofprediger dort bis zu seinem Tode. 1743 wurde er zum Superintendenten ernannt. Lau gab einige seiner theologischen Schriften 1740 in Kopenhagen und Leipzig in einer Sammlung in zwei Teilen heraus. Von seinen geistlichen Liedern erschienen neun in der 3. Auflage des Wernigeroder Gesangbuches, die er selbst 1735 als Herausgeber besorgte; weitere 46 sind in der 'Neuen Sammlung geistlicher Lieder' 1752 in Wernigerode nach seinem Tode erschienen. Einige seiner Lieder fanden auch in der Sammlung der 'Cöthnischen Liedern' Aufnahme, welche 1748 erstmals gedruckt wurden.
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